In ihrem ursprünglichen, dem platonischen Sinn, versteht man Ideen als Urbilder, die von unseren Sinnen nicht erfaßt werden können. Man kann sie nicht hören und natürlich auch nicht sehen, denn sie haben keine Gestalt. Damit Ideen wie Liebe, Tod, Freiheit, Schönheit, Gerechtigkeit – eben die großen Ideale, um die das menschliche Denken kreist – erfahrbar werden, brauchen sie eine Form. Darin erscheinen sie zwar nicht höchstpersönlich, aber immerhin als Abbild, mithin als eine von vielen möglichen Erscheinungsformen. Leider haben Ideen das ehrgeizige Bestreben, nach ihrer idealen Form zu suchen, und weil es so ganz und gar unmöglich ist, etwas "Ideales" zu schaffen, ist die Abbildung von Ideen eine der großen Herausforderungen für die Kunst, die bekanntermaßen seit jeher versucht auszudrücken, was nicht gesagt werden kann.
Die Filmkunst verfügt über vielversprechende Mittel, zumal sie mehrere Künste – Fotografie, Literatur, Musik, Schauspiel – in sich vereint. Doch auch eine Kunst, die sich auf Abbildung spezialisiert, muß die Wünsche der Ideen respektieren. Bekanntermaßen haben sie eine Vorliebe für das Versteckspiel und die Neigung, sich nicht aufzudrängen, sie schimmern gern im Hintergrund, schillern zwischen Licht und Schatten und tanzen in den Gegensätzen. Dennoch wollen sie sich in jedem einzelnen Teil des Ganzen wiedergefunden wissen. Somit steht die Filmkunst vor der Aufgabe, die Idee in jedem einzelnen Bild erfahrbar zu machen. Kein Bild darf zu deutlich sein, und doch ist keines entbehrlich! Im Glücksfall, wenn das Werk gelingt, erschließt sich die Idee aus dem Ganzen.